Freitag, 17. April 2020

Wie im falschen Film! Das "große C".



Da sitze ich in meinem "Homeoffice" aka Küchentisch und finde, ich sollte nun auch ein wenig davon erzählen, wie es uns in dieser verrückten Zeit so ergeht.

Im Großen und Ganzen gibt's für mein Empfinden tatsächlich nur die Überschrift "Wie im falschen Film". 

Noch eine Woche, bevor die Krise ihre Auswirkungen auch in Deutschland gezeigt hat, belächelte ich dieses Thema. Klar, meine Kollegin war besorgt (vielmehr ihr Mann, der die Sorge in die Familie trug), doch ich selbst war kein Stück beunruhigt.

Never ever hätte ich gedacht, dass es hier auch zu Schul- und Ladenschließungen kommen würde. 

Als erstes schloss Mikas Schule, da war bereits am Freitag kein Unterricht mehr (wegen einem Corona Verdachtsfall) und ganz offiziell dann auch direkt ab Montag, 16.03. Schrägerweise durften die Schüler noch kommen, um ihre Materialien abzuholen - Achtung: mussten aber vorher klingeln! Ich rede hier von über 1000 Schülern, die alle auf denselben Klingelknopf drücken mussten. Nanu?! 

Janas Schule hatte montags hingegen noch die Pforten (ganz klingelfrei) geöffnet. Die Lehrer hatten übers Wochenende Arbeitsblätter und Lernpläne vorbereitet, die die Kinder dann mit nach Hause nehmen sollten.

Konkret sahen nun die letzten "Schul-"Wochen so aus:

Mika:
Meiner Meinung nach ein perfektes Management. Jeden Dienstag und Freitag gab's eine Mail aus dem Sekretariat mit Aufgabenpaketen der verschiedenen Fachlehrer. Abgabe der bearbeiteten Aufgaben war dann jeweils zum nächsten E-Mail-Termin hin. 
Die Lehrer standen mit Rat und Tat zur Verfügung - speziell mit der Französisch-Lehrerin entstand schon fast eine Brieffreundschaft mit Unterhaltungen über Vegetarismus. ;-)
Es enstand quasi kein Stress, der Bub arbeitete fleißig seine Aufgaben ab.

Jana:
Abgesehen von den Kopien des letzten Schultages: (fast) nichts. Ein einziges Mal kam eine E-Mail der Mathelehrerin mit einem Aufgabenblatt und Abgabetermin. In den Ferien dann (!) eine Mail des Physiklehrers mit Aufforderung, die fertigen Aufgaben bis Ostersonntag zurückzumailen.
Das bedeutete für mich: Vormittags homeoffice am Küchentisch mit Nebentätigkeit im Terme lösen. Nein, wirklich gut durchdacht empfand ich dieses Konzept nicht. Und auch der Verweis auf Physik-YouTube-Videos war für mich nicht hilfreich.

Mr. Wonderer:
Zwei Wochen vor der spürbaren Krise war mein Mann befördert worden. Ich freue mich riesig darüber und er hat dies nach all den Jahren auch wirklich mehr als verdient. Leider war die Einfindungsphase nun extrem kurz geraten. Denn jetzt, wo er "Mitarbeiter" hatte, hatte er diese eben nicht mehr. Quarantäne, "Krankschreibungen", Chaos. Er musste somit seinen neuen Job machen, als Abteilungsleiter und gleichzeitig seinen alten, da der Kollege nun wegen Kinderbetreuungsproblemen zuhause blieb.

Ich:
Puh! Chaos. Ich glaube, ich habe hier nie genauer ausgeführt, was mein Hauptjob ist. Ich leite ein Nachhilfeinstitut mit rund 200 Schülern. In den zwei Tagen vor den Schließungen galt es a) allen Eltern zu sagen, dass wir weiterhin aufhaben. b) allen Eltern zu sagen, dass wir nun doch nur noch für Einzelschüler aufhaben. c) allen Eltern zu sagen, dass wir nun gar nicht mehr aufhaben. 
Es folgten ein paar wenige der Tage des "Vakuums", bis klar war: Der komplette Unterricht würde nun auf online umgestellt werden. Wie froh war ich, dass ich Unterstützung von zwei Kolleginnen erhielt, denn es gab Tage, da war um 21 Uhr Feierabend. Händisch (da das Verwaltungssystem noch nicht umgestellt war) mussten Kurse gemalt/gebastelt werden und jeder Kunde angerufen werden, um mit ihm Online-Nachhilfe-Termine zu bestimmen.
Es war aufreibend - meine Nächte waren um 3 Uhr vorbei, weil ich nicht abschalten konnte. Grundsätzlich bin ich einer der gesündesten Menschen, die ich kenne. Doch nach der Geschichte an Weihnachten, bekomm ich es mit der Angst zu tun, wenn mir schwindelig wird. Und das wurde es mir nun schlafmangelbedingt öfters.

In all diesem Heckmeck blieb - und das ist tatsächlich so - keinerlei Zeit, Kraft oder Hirnvolumen, um mir überhaupt Gedanken über dieses Virus zu machen. 

Immer und immer wieder stand ich da, und fühlte mich, wie im falschen Film. Nachmittags war ich im Büro, welches in der Innenstadt liegt. Keinerlei Gewusel mehr in der Fußgängerzone, ewig lange Schlangen vor der Bäckerei, weil jeder 2 Meter Abstand hielt. 

Meine Oma ist (zum Glück) isoliert im Pflegeheim. Ihr geht es gut. Schwiegermama ist im "sicheren" Wohnzimmer, sie lebt ohnehin recht häuslich, seit der Hirnblutung.

Abend für Abend schauen wir die Nachrichten und staunen, wie schnell sich eine komplette Welt verändert. Noch vor wenigen Wochen musste ich darum "kämpfen", dass die Kinder mal von der Schule zuhause bleiben durften. Und jetzt sitzen wir zuhause... 

Keinesfalls will ich die Dramatik und Bedrohlichkeit herunterspielen. Doch ich nehme mich gefühlsmäßig da raus, so gut ich kann. Beschränke meine Blubberblase auf meinen kleinen Kreis. Ich würde mir mehr frische Luft für den Sohnemann wünschen. Dessen Jogginhose ist mittlerweile angewachsen. Jana bekomme ich öfters raus und sie macht auch Gassigänge mit Annie und ihrer Freundin.

Was ich jedoch in manchen Momenten genieße, ist dieses wieder gewachsene Familiengefühl. Diese Pause im Leben, das dadurch bestimmt war, logistisch jeden zum richtigen Zeitpunkt an den richtigen Ort zu navigieren. Aufstehen - schneller! - Frühstück! - schneller! - Schule! - schneller ... Feierabend - Kinder zum Sport - Kinder vom Sport - Kinder ins Bett...

Überhaupt finde ich auch, dass Jana gerade einen riesigen Entwicklungssprung gemacht hat. Sie mutierte zur Leseratte. Und sie ist das Kind, dem prophezeit wurde, sie würde Probleme mit der Sprache und dem Lesen haben, wenn sie größer würde... Zu Ostern bekam sie ein Malen-nach-Zahlen-Bild, an dem sie eifrig werkelt und ganz besonders toll fand ich, dass sie sich ein sportliches Ziel gesetzt hat, an dem sie verbissen arbeitete, bis sie es perfekt konnte. Lässt man dem Kind Luft und Zeit, sich nach seinen Bedürfnissen und Interessen zu entwickeln, kann man da förmlich minütlich dabei zu sehen, wie es wächst (geistig, seelisch, körperlich). 

Der größte Gewinner hier in der Familie ist wohl Annie. :-)

Darf ich über Urlaub reden? Wenn Menschen Angst haben, krank werden, sterben? Ich erlaube mir das jetzt, denn in "meiner Welt" ist er nunmal eine Tatsache: Die Flüge waren nun ja schon gebucht. Ebenso zwei Hotels. Dann kam die Krise. Wir wissen nun nicht, OB die Reise stattfinden kann, und WENN sie stattfinden kann, OB wir das dann wollen. Darum halten wir nun einfach mal die Füße still und buchen nichts weiter. 

Sollte es bis dahin noch ein Einreiseverbot geben, dürften wir Ticket-technisch glimpflich davon kommen. Eines der beiden gebuchten Hotels ist stornierbar, das andere nicht. Wir rechnen nun mit allem und schauen, wie's kommt. 

Alles in allem bin ich dankbar. Dankbar dafür, dass wir so sicher sind, wie man es zurzeit einfach nur sein kann. Wir haben unser "Häusle", sind zu Viert (+ Annie), müssen nicht hungern, haben Klopapier ;-) und zur Zeit auf jeden Fall sichere Jobs.

Wenn der Gedanke kommt, dass nichts mehr wird, wie es mal war, dann erlaube ich mir, daran zu glauben, dass dies nichts Schlechtes sein muss. 

Nun steht - wenn es denn so bleibt - bald wieder die Rückkehr in Präsenzunterrichte an. Sowohl für meine eigenen Kinder, als auch für die 200 bei der Arbeit. Insofern genieße ich noch die Ruhe vor dem Sturm, nähre meine Fitbit mit Schritten bei Spaziergängen mit Familie Wonderer, Annie oder meiner Kollegin und tobe mich kreativ aus. 

Die - auch wenn es dramatisch klingt - "Depression, der vermasselten Auswanderungspläne" - ebbt Gott sei Dank ab. Wurde auch Zeit, nach Jahren! Alle Selbständigkeitspläne und freiberuflichen Tätigkeiten hatte ich immer nur mit angezogener Handbremse angegangen. Dies ändere ich gerade mit einer "Investition in mich selbst". Meine mich selbst bewerbende Webseite ist in Entstehung, mit Hilfe einer Grafikdesignerin. Mal schauen was kommt. Und selbst, wenn nichts kommt - dann macht's mir doch gerade Spaß und ich muss mich niemals fragen, was wohl gewesen wäre, wenn ich es nicht versucht hätte...

Nun verrät mir mein Blogger-Zähler ja, dass ich hier mehr als nur 3 - 4 LeserInnen habe. Allerdings "kenne" ich durch die Kommentarfunktion nur 3 - 4 beim Namen. An euch, liebe Andrea, Hedda, Yvonne und Tina, denke ich in dieser Zeit auch. Ich habe keine Ahnung, warum und kenne keinen Menschen, der mir mit meinem MacBook weiterhelfen kann, doch es funktioniert nicht mehr, Kommentare auf Blogs zu hinterlassen, ohne riesigen "Zurücksetz"-Aufwand. Ich lese weiterhin treu bei euch mit und hoffe und wünsche euch, dass ihr gesund und unbeschadet durch diese Zeit kommt. 

Die ein oder andere von euch "hab" ich ja schon in facebook und instagram. Da klappts mit der Kommunkation besser. Die Accounts dort sind "privat", doch meldet euch gerne: Petra Langstrumpf heiße ich da. 

Liebe Grüße und ganz viele good vibes nach draußen!