Freitag, 30. Dezember 2016

Jahresrückblick 2016



Seit Tagen nehme ich mir vor, meinen persönlichen Jahresrückblick für 2016 zu schreiben. So etwas habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gemacht und es ist wirklich schwieriger als ich dachte. Gerade unterhielt ich mich mit meinem Mann darüber und es wurde ein etwas längeres Gespräch. 

Ich sagte: Mein Resumé: Ein Horror-Jahr. Ein einstürzender Turm, aus dessen Brocken nun etwas neues gebaut werden muss. Dann zählte ich noch einige überaus positive Dinge auf und das Ganze wurde für ihn verwirrend, da es wie ein Widerspruch zum erstgenannten Horror-Jahr wirkte.

Doch ist das ein Widerspruch? Ich finde nicht. Denn all die tollen Veränderungen, Erlebnisse und Ereignisse haben mich durch das vermeintlich negative Jahr getragen. Was wäre ich ohne sie gewesen?

Es ist mir klar, dass ich auf sehr hohem Niveau jammere. Wir haben Haus, Jobs, gesunde Kinder, eine intakte Ehe, … Meine Vergleiche ziehe ich aber auch nicht mit anderen Menschen, sondern mit meinem Seelenleben im Jahr davor. Und da schneidet 2016 einfach nicht sonderlich gut ab. Das ist kein Jammern, das ist Fakt. Und doch bleibe ich dabei: Das Einstürzen des Turmes ermöglicht mir einen großen Berg an Baumaterial für das neue Jahr. 

Um nicht all zu philosophisch zu werden, hier nun der eigentliche Rückblick:

Wir starteten zuhause in das Jahr 2016 - zu Viert. Schon den Jahresbeginn habe ich als ziemlich trübe in Erinnerung. Ich weiß, dass ich erstmals darüber nachdachte, ob es vielleicht wirklich der Lichtmangel ist, der mir so sehr aufs Gemüt schlägt.

Mika ging es immer besser. Mein Großer kam endlich so richtig an in seiner neuen Schule. Keine Bauchschmerzen und Schlafschwierigkeiten mehr, wegen Stadtbahn- und Mitschülernervositäten. Es lässt sich kaum in Worte fassen, wie unendlich erleichtert ein Mutterherz ist, wenn es morgens nicht mehr ein geknicktes, unglückliches Kind in die Schule zwingen muss.

Leider ging es bei Jana erst einmal in die andere Richtung. Während sie zeitlebens ein Sonnenschein ohne jegliche Freundschaftsmangelprobleme war, wurde dies ein richtig großes Thema. Unter den End-3.Klässlern und später dann 4. Klässlern ist sie das jüngste Kind. Das war bisher nie ein Problem. Nun machten jedoch alle anderen einen riesigen Schritt in Richtung Pubertät - nur Jana noch nicht. Während also Themen wie „BFF“, „Styling“, „Popstars“ in den Klassenfokus rückten, wollte sie eben noch gerne Pferdchen spielen und geriet so immer mehr ins Abseits. Was der Verstand gut nachvollziehen kann, war emotional doch sehr belastend. 

Beruflich war ich nun das zweite Jahr freiberuflich/selbständig unterwegs und habe gleich zum Januar hin meinen Büro-Nebenjob auf zwei Vormittage die Woche reduziert. Dies war einerseits eine Entlastung, andererseits eine völlig neue Herausforderung, nun einen geregelten Tagesablauf quasi zu kreieren, der effektiv sein sollte. Joa, heute - Ende Dezember - kann ich sagen, dass das sicher noch ausbaufähig ist.

Worunter ich sehr gelitten habe, war die Sache mit dem persönlich Nehmen von geschäftlichen Dingen. Nun, wo ich nicht für irgendeine Firma arbeite, sondern für mich selbst, fällt es mir viel schwerer, mit Enttäuschungen, schlechten oder fehlenden Feedbacks usw. umzugehen. Die Abgrenzung steht ganz groß auf meiner Vorsatzliste für 2017. Außerdem war es recht paradox, dass ich mich über Erfolge nicht freuen konnte, sondern eher das Gefühl hatte, dass sie mich unter Druck setzen. 

Mein Mann hatte im Beruf auch einiges an Chaos. Personelle Veränderungen, merkwürdige Hierarchiestrukturen, Abteilungsänderungen - langweilig wurde es nicht.

Der Frühsommer brachte den ersten Schullandheimaufenthalt von Jana mit sich. Sie war in heller Panik, wollte keinesfalls mit, es flossen viele Tränen. Nach langem Überlegen und Hin und Her ging ich schließlich als Begleitperson mit. Was wie ein perfekter Plan erschien war es nich: Es spielten sich Dramen ab und noch heute nagt sie an diesen Erlebnissen, sodass sie bereits jetzt davon spricht, in der 7. Klasse (!) nicht mit auf Klassenfahrt zu gehen. Uff.

Im Sommer machte ich viel Sport - sogar regelmäßig schwimmen ging ich. Ich nannte es „Rentner-Slalom“ - denn das war es letztlich im dörflichen Freibad. ;-) Ich fand Freude und erzielte auch prima Resultate mit Sport DVDs im heimischen Wohnzimmer.

Im Juli dann verließ uns unser Pflegehund, den wir zwei Jahre in der Familie hatten. Er gehört meiner Cousine, die nun wegen Familiengründung aufhörte zu arbeiten und den Hund wieder zu sich nahm. Was zunächst eine Erleichterung war wurde nach und nach zu einem Mangelgefühl - was uns im Herbst dann zu Annie brachte. Wir lieben unser vierbeiniges Mädchen sehr und sind glücklich, dass wir sie haben.

Ein Highlight war ganz klar unsere USA-Reise. Die Vorfreude war riesig und das Familiengefühl dort auch, wie man in den Reiseberichten sicher gut herauslesen kann. Auch das Kennenlernen der amerikanischen Verwandtschaft war ganz klar ein tolles Erlebnis.

Im Sommer kam dann auch der Sohn meiner Cousine zur Welt, was mich (wenn auch gesellschaftlich sicher anders bezeichnet) zur Tante machte. 

Kurz zuvor jedoch starb noch mein Opa relativ unerwartet.

Im Herbst starteten beide Kinder gut ins neue Schuljahr. Bei Mika kristallisierten sich neue Freundschaften heraus und er begann nun auch Turniere zu spielen (Tischtennis). Er hat nun wirklich ein Hobby für sich gefunden. Das freut uns alle sehr. Er geht zwei Mal die Woche ins Training und jammert an allen anderen Tagen, dass eben kein Training ist. Ein sehr gutes Zeichen.

Jana orientierte sich freundschaftstechnisch neu und fand auch hier wieder etwas Stabilität. Ihr Geburtstag war noch ein Wechselbad der Gefühle, da es für uns recht neu war, dass manche Kinder einfach nicht kommen wollten. Auch die Familienfeier war katastrophal, sodass sie zur letzten dieser Art in unserem Hause ernannt wurde. Selbst die Kinder sehen dies so und wir werden künftig lieber tolle Tagesausflüge machen um das Wiegenfest zu feiern.

Sportlich und gesellschaftlich versuchte ich neue Dinge. Während ich im Jahr 2015 nur joggte, belegte ich jetzt Kurse in Pilates, Fitness, Faszientraining und auch im psychologischen Bereich. 

Die enge Bindung zu meiner Cousine fand durch unglückliche Umstände eine jähe Abkühlung - mal schauen, was hier das neue Jahr bringt.

Auf meiner Suche nach sinnbringenden Tätigkeiten begann ich, mich für den Tierschutzverein von dem wir Annie haben zu engagieren und hier einen Teil der PC-Arbeit zu übernehmen.

Im Dezember verstarb noch ganz plötzlich ein Cousin von mir. Ich muss zugeben, dass ich ihn persönlich gar nicht kannte - was aber dem Schock keinen Abbruch tut. Er war nur knapp über 40 und hinterlässt eine Frau und drei kleine Kinder. 

Unser Weihnachten war sehr harmonisch und gerade genießen wir die gemeinsame Zeit. 

Nun, am Ende all der Aufzählungen meine Erkenntnisse:

So, wie’s war, kann es nicht bleiben. Ich weiß noch nicht, wohin uns unser Weg führt, doch „das hier kann es noch nicht gewesen sein“. Das Dorfleben und die eingefahrenen Strukturen passen nicht zu uns (und ja - ich meine „uns“ nicht nur „mich“). Faktisch haben wir nicht viel unternommen, um auszuwandern, doch innerlich wurden die Weichen neu gestellt. Wenn das kein Anfang ist…

Familiär habe ich für mich immer mehr gelernt, dass der Kreis recht eng zu ziehen ist. Wir vier (ok, mit Vierbeiner dann fünf) sollten alles sein, was für uns zählt. Verwandtschaft kann man sich nicht aussuchen, Familie schon. 

Beruflich möchte ich mich besser abgrenzen und zeitgleich mehr vernetzen. 

Gesellschaftlich wünsche ich mir wieder etwas mehr Action. Neue Leute, mehr Erlebnisse. Daher werde ich weiter nach interessanten Kursen schauen und auch der wöchentliche Hundeschulbesuch macht mir Spaß.

Gleich in der ersten Januar-Woche möchte ich mir einige Ziele setzen - vermutlich veröffentlich ich sie hier - um dann im Dezember zurückschauen zu können.

Horror-Jahr? Nungut - das klingt wirklich übertrieben. Doch das Gefühlsleben ist nunmal subjektiv. Entschärfen wir den Begriff und sagen wir: 2016 war ein Jahr der Herausforderungen und Veränderungen. Ein Jahr der Sinnsuche und der Erkenntnisgewinnung.

Ich bin unendlich dankbar für meine gesunde Familie, unser warmes Zuhause, die Sicherheit, die wir genießen und die Liebe, die uns ausmacht. Und dass dies so ziemlich alles ist, was wirklich zählt, habe ich lernen dürfen. An allem anderen arbeiten wir.


Bye bye 2016. We did it. 

Freitag, 9. Dezember 2016

Oh du fröhliche - Adventszeit




Irgendwie hat es die diesjährige Adventszeit in sich. Mit Besinnlichkeit hat sie jedenfalls im Hause Wonderer nicht viel zu tun. Alleine die Tatsache, dass ich heute unerwartet zum Bloggen kommen, ist dem Umstand geschuldet, dass meine Kleine seit gestern Abend - öhm - Magen-Darm-Symptome zeigt. :-(

Als kleines Beispiel des diesjährigen Chaos(es?!) erzähle ich von unserem oder vielmehr meinem 5. Dezember. Dem Tag vor Nikolaus.

Da ich davon ausgegangen war, an diesem Tag frei zu haben, hatte ich bisher noch keine Nikolaus-Süßigkeiten besorgt. Das wollte ich Vormittags in Ruhe erledigen. Die Kinder sollten je ein Buch und einen Gutschein bekommen - diese Dinge hatten wir schon zuhause. Nur der Süßkram fehlte noch.

Tja - es hätte so einfach sein können. Leider machte mein Auto jedoch Zicken: Ein Leck im Kühlwasserbehälter. Also musste mein Mann es mitnehmen und während seiner Arbeitszeit zur Werkstatt bringen. Ich war somit ans Zuhause gefesselt, bis er um 18.30 Uhr heimkommen würde. Okay - zugegebenermaßen hätte ich seinen Kleinwagen nehmen können. Hier mein Outing: Ich KANN damit einfach nicht fahren. Die Gänge bekomme ich nicht rein, ich lenke wie eine Besoffene und überhaupt - man könnte meinen, ich habe keinen Führerschein, wenn ich damit fahre.

Also war der Plan der: Sobald die Kinder um halb acht im Bett sind, düse ich kurz zum Rewe im Nachbarort und besorge quasi Last Minute die Stiefelfüllungen.

Kaum war mein Mann zuhause, erwähnte er in einem Nebensatz, dass die Tankfüllung nun auf Reserve sei. Wie bitte?? Das durfte nicht wahr sein. Somit war es ausgeschlossen, in meinem Auto noch Extra-Runden zu drehen (sonst würde ich am Folgetag auf dem Weg durch die Rush-Hour in die Stadt zur Tankstelle Nervenzusammenbrüche erleiden). Ihn selbst zum Einkaufen schicken war leider auch nicht möglich, da ich ja auch für seinen Stiefel noch etwas brauchte. 

Genervt und gestresst absolvierte ich um halb Acht also noch die Pflicht-Gassi Runde um dann zuhause schnell die Handtasche zu schnappen und mich ins Göttergattenmobil zu schmeißen.

Die Katastrophen nahmen ihren Lauf….

Zum Wenden fuhr ich verbotenerweise schnell in den Hof des Nachbarn. Merkt er ja nicht, ich wende ja nur. Näää! Laut ließ ich immer wieder den Motor aufheulen, jedes Mal in der Hoffnung, den Rückwärtsgang endlich drin zu haben. 

Nachdem DAS geschafft war, düste ich einigermaßen zwischenfallsfrei in den Nachbarort und parkte fern des Eingangs sicherheitshalber in eine große Parklücke (ja, ich bestätige diesbezüglich jedes Klischee).

Direkt am Eingang hörte ich meinen Namen. Tina. Die Mama vom Luca, mit ebenjenem im Schlepptau. Der Bub ist mit Jana in einer Klasse. Und somit ein potentieller Zeuge dessen, dass ich als Nikolaus gnadenlos versagt habe, wenn ich auf den letzten Drücker Schoko-Weihnachtsmänner kaufe. Ich sah es förmlich vor mir, wie er morgen in der Schule meiner Kleinen erzählen würde, dass er mich spät abends beim Süßkram-Erwerb gesehen hätte. Nein, das wollte ich nicht - auf gar keinen Fall.

Also achtete ich peinlichst darauf, nach unseren Small-Talk immer schön durch die anderen Gänge des Ladens zu laufen und die beiden zu meiden, damit klein Luca meinen Einkaufskorb nicht sieht. Es liegt in der Natur der Sache, dass dieser sich mit immer mehr anderen Dingen füllte, die eigentlich gar nicht auf der Liste standen. 

Als ich zur Kasse wollte, sah ich, dass Tina und Luca dort gerade anstanden. Nungut. Obgleich ich mir nichts sehnlicher wünschte, als endlich nach Hause zu kommen, begann ich eine weitere Runde durch die Regale zu ziehen, bis „die Luft rein“ sein würde. 

Wieder hörte ich vertraute Stimmen. Durfte das denn wahr sein? Das Ehepaar - öhm - nenn ich sie mal „Häberle“ war unterwegs. Hat nicht jeder diese einzelnen Menschen in seinem Leben, die er möglichst niemals irgendwo sehen oder hören möchte? Bei mir ist es das Ehepaar Häberle. Fürchterliche Leute, immer wenn ich sie sehe, kostet es mich sämtliche Energie, sie freundlich zu grüßen und dann schnell wieder zu vergessen.

Ein Blick zur Kasse zeigte mir, dass Tina und Luca weg waren. Schnell da hin und raus aus dem Laden, bevor mich Herr und Frau Häberle sehen. 

An der Kasse lud ich alles aufs Band. Kurz bevor ich dran kam, wühlte ich in meiner Tasche. Und griff ins Leere. Geldbeutel? Fehlanzeige. Gemessen an meiner Gesichtsfarbe erschien nun jede Tomate blass. Das war mir absolut noch niemals nie passiert. Schnell holte ich wieder den Einkaufskorb, den ich am Beginn des Bandes abgestellt hatte und murmelte dabei eine hochrote Entschuldigung an die Menschen, die dort standen. Und wer stand dort? Genau - Häberles. Erdboden tu dich auf.

Die Kassiererin reagierte freundlich. Sie erklärte laut und ausführlich, dass das alles nicht schlimm sei, ich könnte den Korb stehen lassen und später wieder kommen. Sehr laut. 

Noch immer hochrot hetzte ich über die Parkplatze zum Göttergattenmobil. Rein, hektisch die Scheinwerfer gesucht und schnell den Rückwärtsgang eingelegt. Uff. Haarscharf vor der Mauer VOR mir kam ich zum Stehen. Das Gefühl, das sich auftut, wenn man sich herumdreht in der Annahme, jetzt rückwärts zu fahren, und das Auto aber das Gegenteil macht ist einmalig.

Um eine lange Sache abzukürzen: Es gelang mir nicht. Ich stellt mich dämlicher an denn je. Also musste ich in den Leerlauf schalten und warten, wie ich in Schneckentempo langsam aus der Parklücke rollte, der leichten Bodenneigung sei Dank.

Dann ließ ich die Reifen quietschen und düste nach Hause. Es war durch die ewigen Versteckspiele in den Rewe-Gängen mittlerweile so viel Zeit vergangen.

Meinen Mann ließ ich verdutzt stehen, als ich ins Haus stürmte, das Portemonnaie packte um wieder ins „geliebte“ Auto zu springen.

Klingt es unglaubwürdig, wenn ich sage, dass ich wieder den Nachbarhof zum Wenden missbrauchte, und es wieder schief ging? Mag sein - doch es ist die Wahrheit.

Auf dem erneuten Weg zum Laden kamen mir die Häberles grinsend entgegen. Kaum im Innern sah ich, dass nun eine andere Kasse geöffnet war und die Schlange drölfzig Kilometer durch den Raum reichte. Beim Schnappen meines Korbes bekam ich jedoch mit, wie eine Verkäuferin zur anderen meinte, dass diese jetzt die zweite Kasse öffnen sollte. Den Hass all der Wartenden, die nun hinter mir standen, da ich direkt zur neu-geöffneten Zahlstation gegangen war spürte ich förmlich im Rücken. Sie hatten ja Recht. Aber ich konnte einfach nicht mehr…

Hey, die Heimfahrt lief dann jedoch super. Und zuhause beim Erzählen konnte ich schon wieder darüber lachen. Auch die Tatsache, dass Annie mittlerweile liebevoll den Geschenkgutschein aus Janas Stiefel angeknabbert hatte wurde nur noch belächelt.

Oh du fröhliche….