Mittwoch, 16. September 2020

Lanzarote 2020 - Im Hotel am Hotel und ums Hotel herum


Tag 3 - 29.08.2020 - Im Hotel am Hotel und ums Hotel herum


5 Uhr? Japp, da könnte man mal aufstehen. Ich spürte jeden Knochen, denn die Matratze scheint aus Beton zu sein. Das Geschirrtuch, das als Bettdecke gedacht ist, hielt die Eiseskälte, die mein Mann mit der Klimaanlage produzierte leider nicht wirklich von mir fern.


Ich schnappte mir eine halbe Stunde später Handy und Schlüssel und ging auf Wanderschaft auf dem Hotelgelände. Dabei vergaß ich, die Maske mitzunehmen, was aber nicht schlimm war, denn ich begegnete keiner Menschenseele.







Erst nachdem ich Google befragt habe, wusste ich endlich, was ein "Höflichkeitszimmer" wohl sein mag: Ein Warteraum mit Waschmöglichkeit, wenn das gebuchte Zimmer noch nicht/nicht mehr frei ist. Aha! ;-)


Ein komplettes Gebäude des Hotels steht gerade leer, der Eingangsbereich jedoch ist hell beleuchtet und man kann hinein. Das war irgendwie ein wenig gruselig.




Was hat ein solches Teil in einem All-inclusive-Hotel verloren:


Ernsthaft: Ich hatte eigentlich gedacht, dass ich doch meine Frühaufsteherei gut nutzen könnte, indem ich morgens alleine im Fitness-Studio ein wenig sporteln würde. Vor allem so ein Rudergerät würde ich ja echt gerne mal ausprobieren (wie so viele Menschen, die House of Cards geschaut haben). 

Nun muss man aber - wegen der Pandemie - vorher reservieren. Und auf Uhrzeiten möchte ich mich im Urlaub nicht festlegen. Nää, nää. Dann halt kein Sport.



Nach knapp 40 Minuten beendete ich meine Erkundungstour um im Appartement festzustellen, dass alle drei Lieblingsmenschen noch mit dem Beton kuschelten. 




Ich kuschelte mich irgendwann noch einmal dazu…


Das Frühstücksbuffet gefiel uns gut. Jeder fand etwas, das ihn glücklich und satt machte. Wieder sah ich vertraute Gesichter an den anderen Tischen. Direkt neben uns ein Herr, dessen Lästereien ich morgens erst noch in der facebook Gruppe ärgerlich wahrgenommen hatte. Hach, nee, ich lästere jetzt nicht mit. Aber es gibt einfach Dinge, die ich extrem daneben finde und mir dann schwer damit tue, meinen Mund zu halten. Anderseits streite ich jetzt auch nicht mit Leuten, mit denen ich die nächsten Tage das Hotel teilen muss. Lassen wir das…


Wir trafen uns mit der Reiseleitung (ja, auch dies ist eine neue Erfahrung für uns) um herauszuhören, wie im Worst Case Scenario agiert werden würde. Sie war diesbezüglich verhalten, aber gut, auch sie hat halt keine Kristallkugel.


Mein Mann telefonierte dann noch mit einer Dame des ADAC. Unseren Mietwagen hatten wir im Voraus gebucht für 7 Tage ab morgen. Nun wollten wir gerne wissen, was im Falle eines Reiseabbruchs geschehen würde. Nun, es ist kein Teil der Pauschalreise und somit unser eigenes Risiko. 


Wir überlegten und rechneten und entschieden uns dann dafür, die Buchung so zu erhalten (Storno wäre noch bis 17 Uhr möglich gewesen), da es sich nicht rechnet, das Auto tageweise zu mieten. 


Nun wollten wir aber das Hotel auch mal verlassen und die Strandpromenade erkunden. Das taten wir. Der Strand ist schön und social distancing absolut gar kein Problem. Im Gegenteil - es war richtig leer.







Die Souvenirshops waren in asiatischer Hand, wie es schien. Ein paar schauten wir uns an, doch die Produkte wiederholten sich im Prinzip. Die allermeisten Restaurants waren geschlossen. Klingt jetzt böse (was gäbe ich dafür, dass wir alle aufwachen und Corona nur ein Albtraum war), doch ich denke, durch die Abwesenheit der Touristen, die hier normalerweise wären, empfinden wir Lanzarote als schön und reizvoll. Wären alle Strandplätze und Restauranttische ausgelastet, glaube ich, wäre das hier kein Ort für uns.





Über diesen "Media Markt" haben sich meine technik-affinen Männer köstlich amüsiert.


Weit und breit - keine Menschen...


Dies hier wurde eines meiner Lieblingsbilder des Urlaubs. Meine Körperhaltung könnte man falsch deuten - aufgrund des Windes musste ich die Kappe festhalten. ;-D



Die Farbe des Wasser hörte niemals auf mich zu beeindrucken.






Kitsch gibt's wohl weltweit. Das ein oder anderen Mitbringsel wechselte dennoch Besitzer und dann machten wir uns auch schon wieder auf den Rückweg. Befremdlich, gleich zu Beginn die Souvenirs zu kaufen. Aber noch immer rechneten wir jederzeit mit einer Reisewarnung und dem damit verbundenen Abbruch des Urlaubs.


Am Mittagsbuffet bekam der Koch mit, dass ich Veganerin bin. Ich hatte bei einem angebotenen Pastagericht gefragt, ob das zufällig vegan sein. War's nicht, doch das Personal war plötzlich hochmotiviert, lief in die Küche, organisierte mir vegane Burgerpatties und „briet mit eine Extrawurst“. Ich war sehr gerührt und aß nun viel mehr, als eigentlich geplant. Aber ich kann ja schlecht ablehnen oder liegen lassen, wenn sich Leute für mich dermaßen ins Zeug legen. 


Dies hier war nicht mein Teller ;-)


Das hier jedoch meine "Extrawurst":


Vielleicht erzähle ich an dieser Stelle meine Corona-Beobachtungen am Buffet: Beim Betreten des Speisesaals (natürlich mit Maske, bis man sitzt) bekommt man die Hände desinfiziert, Fieber gemessen und die Zimmernummer registriert. Am Buffet selbst ist alles normal. Entgegen der Angaben im Internet sind da keine Trennscheiben oder Handschuhe. Lediglich die Laufwege/Richtungen und Abstandsbitten sind aufgeklebt.


Verlässt man seinen Tisch, weil man fertig ist, dann kommt jemand und desinfiziert die Stühle und Tischplatten, bevor neu eingedeckt wird. 


Auch hier sehe ich keinerlei Probleme, die Abstandsregeln einzuhalten. Man muss nur immer gut daran denken, den Mund-Nasenschutz zu tragen, wenn man sich Nachschub holt.


Die Mägen waren gefüllt, das Bedürfnis nach Ruhe/Pool war da - somit stand der Plan. Mutter wollte auf die Liege (die bequemer ist, als Bett oder Sofa im Appartement), Kinder wollten in den Pool, Vater bevorzugte die Betonmatratze.




Überrascht bekam ich mit, dass meine zwei eher zurückhaltenden Sprösslinge sich vom Animateur einladen ließen, bei einem Tauchspiel mitzumachen. Konnte ich kaum glauben. Der machte Stimmung unter Kids und Teens aus unterschiedlichen Ländern, teilte sie nach Verwandtschaftsgrad (Keep your distance!) in Teams ein und es war echt faszinierend, wie er die Sprachen mischte und jeder echt alles verstehen konnte.




Hier noch ein Eindruck, wie gut social distancing am Pool möglich war. Laut www muss man im Riu normalerweise um die Liegen "kämpfen".


Später begann dann noch auf der Terrasse das Bingo-Spiel. Ich saß alleine auf meiner Liege und musste echt lachen: Alles wie im Film! Ein hyper-heiterer Lockenkopf rief immer wieder „Cinqo minutos, fünf Minutäään, faaaaif minits - BINGO BINGO BINGO“. Dem strahlte die Sonne aus dem - nee, lassen wir das. Er liebte seinen Job, sagen wir’s mal so…


Kurz nach fünf teilten wir uns erneut auf. Mika blieb im Hotel (am Pool gibts WLAN), wir anderen drei gingen ans Meer. Dort sprangen Vater und Tochter in die Wellen, während ich 15 Minuten in die eine und dann wieder 15 Minuten in die andere Richtung spazierte. 


Es war herrlich. Absolut entschleunigend, entspannend, fast schon meditativ. Abstand? Ja, teilweise hatte ich den Strand für mich. Theoretisch hätte hier auch Maskenpflicht bestanden, doch bei keiner Menschenseele weit und breit, erlaubte ich mir ein wenig frische Meeresluft.






Das Wasser hat eine wunderbare Farbe - schöner noch, als die letzten Jahre in Florida. Dass ich das mal sage, gell? Ist aber so - in den Staaten wars Wasser immer eher braun, hier leuchtet der Atlantik blau.







Wenn man aus dem Meer kommt, bringt man jede Menge feinen Sand mit:



Wer mich kennt, weiß, dass mein Herz für Nordamerika schlägt und diese Liebe durch keinen anderen Ort getoppt werden kann. Aber nach anderthalb Tagen spüre ich hier die Entspannung, nach der ich mich mit jeder Faser meines Körpers und Geistes gesehnt habe. So traurig ich bin, nicht in Savannah zu sein, so sehr weiß ich auch, dass dort alles im Zeichen von Entdeckungen, Erkundungen und vollen Tagesprogrammen gestanden hätte. Somit kann ich dieser „Alternativreise“, die wir ohne die Krise niemals gebucht hätte, durchaus Positives abgewinnen.


Nun war es 19 Uhr und wir gehen tiefentspannt zum Essen. Keinerlei Diskussion, welches Restaurant oder Mikrowellengericht heute dran ist. Herrlich… 




Auch hier fanden wir alles was wir brauchten. Mika entdeckte JETZT mit 15 Jahren auf Lanzarote eine neue Leibspeise: Pommes rot-weiß mit Zwiebeln. 


Generell, wenn es Buffets gibt, ist es immer wieder lustig, welche Kombinationen so auf einem Teller landen. Auf Janas gab es Pizza, Spagetti, Pommes und Reis. Die Erläuterung der Dessert-Schüsseln erspare ich uns mal lieber. Meine zaghafte Rückfrage an Mika: „Isst du auch iiiiirgendwas Gesundes hier?“ wurde mit „Nö, gesund ernähren wir uns zuhause!“ erwidert. Ja, ist ja auch in Ordnung. So lange wir nicht monatelang auf Weltreise gehen…






Schon während des Abendessens hatte ein Duo mit Live Musik begonnen. So setzten wir uns raus, hörten zu, tranken Wein/Bier/alkoholfreie Cocktails, versuchten uns am neu erworbenen Spiel „Dos“ (Uno ist einstimmig besser!), schauten die Fotos des Tages an und hatten den ein oder anderen Lachkrampf. 






Den einen aufgrund unserer Fotomontageversuche: Es waren echt lustige Bilder entstanden, auf denen Jana im Meer sitzt und von einer Welle erwischt wird. Ihr Gesicht darauf war dermaßen zum Kringeln. Dieses photoshoppten (<- wie schreibt man dieses Denglisch-Konstrukt nur?) in eine Davidoff Cool Water Werbung. Höhö…


Den anderen aufgrund meines Pommes-Heißhungers. Mangels Chips oder Knabbereien, hatte ich Lust darauf, noch eine Portion Pommes auf den Tisch zu stellen. Keiner traute sich, nochmal zum Buffet zu gehen und dann (verbotenerweise) frittierte Sonnenstrahlen rauszuschmuggeln. Also erbarmte ich mich und Jana kam mit. 


Am Eingang streckte ich pflichtbewusst meine Stirn zum Fieber-Kontrolleur und sagte „trenta y uno“ (Zimmernummer). Er war irritiert, erinnerte sich ja daran, dass wir schon da waren. Also wollte er auch unsere Stirn nicht haben.


Wild entschlossen stapften wir erst zum Obstsalatbuffet, um uns Schüsseln zu organisieren. Dieses füllten wir rebellisch mit Pommes um dann unaufhaltsam den Speisesaal zu verlassen. Jana quietschte schon fast vor Aufregung. Draußen fragte sie mich, wie ich denn beim Einlass argumentiert hätte. Hmmh, nur mit der Zimmernummer. :-))) Hätte mich einer aufhalten wollen, hätte ich nur „Madre Pommes!!“ zustande gebracht.


Kaum waren die Fritten auf dem Tisch, hatte plötzlich jeder Lust drauf. Ja, ja, so sind se, gell?


Es war mittlerweile dunkel geworden, Mika war gelangweilt und müde (irgendwie schienen unsere Albernheiten nicht abzufärben). Also gingen wir gemeinsam zum unbelegten Hotelteil, weil ich den meinen Lieben mal zeigen wollte.


Gott, war das gruselig! Lobby und Flure erleuchtet, kein Mensch aber weit und breit. Wie das so ist, entwickelte sich das Gespräch in Richtung „Shining“ und nach einem Stockwerk wollte sogar ich gerne wieder raus.


Wir machten es uns zu dritt noch ein wenig auf der Terrasse gemütlich, lachten, drehten TikToks (die nie den Weg ins Netz finden werden) und schlüpften alsbald in die Beton-Nester. Dieses Mal aber ohne Klima-Anlage - die hätte ich keine weitere Nacht ertragen.


PS: Mr BINGO BINGO BINGOOOO hat abends eine andere Funktion: Er ist der Clown im Kids Club. Das passt! :-))




4 Kommentare:

  1. so menschenleer wuerde ich es auch gut finden (denke mal, die auf die Einnahmen angewiesen sind leider weniger) und es hat seinen Charme. Lanzarote steht auch noch auf meiner Liste, der Gatte war vor Urzeiten schon einmal. Und ja, natuerlich hat so eine Urlaubsform auch was, man muss sich um wenig kuemmern, hat nicht den Druck viel zu viel anschauen zu wollen, das ist auch immer mein Problem *lol*.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ja, du beschreibst Engelchen und Teufelchen auf meinen Schultern: Ich habe genossen, dass es so leer war und gleichzeitig echt Mitleid gehabt, mit all den Existenzen, die da jetzt bröckeln.
      Lanzarote hat einen total eigenen Charme. Ist aber wirklich gefühlt winzig klein. Solltet ihr also über den großen Teich kommen, dann nehmt unbedingt auch die anderen Kanaren mit (oder Afrika?), sonst bekommt ihr - als Nordamerikaner - echt Platzangst. :-)

      Löschen
  2. Ich wundere mich immer, wie du mit so wenig Schlaf auskommst? Irgendwann muss doch die Müdigkeit erscheinen. Geht mir zumindest so, wenn ich nicht gut / genug geschlafen habe.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Der Kampf gegen die Schlaflosigkeit ist schlimmer, als die Schlaflosigkeit selbst, habe ich gemerkt. Seit ich das akzeptiere und dann einfach aufstehe und etwas mache, das mir gefällt (Hotel-Spaziergang, zuhause eine Serie gucken/Buch lesen), komme ich besser zurecht.
      Wenn ich abends dann etwas früher ins Bett komme, passt das schon ganz gut. Der Leidensdruck ist nur dann grenzwertig, wenn weder Ein- noch Durchschlafen funktionieren.

      Löschen