Tag 9 - 04.09.2020 - Adiós!
Den gestern gestellten Wecker brauchten wir nicht. Meine Nacht war um 4 Uhr vorbei. Ich schnappte mir mein Laptop, tippselte den Vortagesbericht und genoss die Ruhe vor dem Reisesturm.
Wir wollten unbedingt noch ein Superspeed-Frühstück einnehmen, doch das war eine knappe Nummer, da das Restaurant erst um 8 Uhr öffnete. Ganz mit leerem Magen zu starten war aber undenkbar.
Während wir also noch speisten, sahen wir viele andere Touris bereits vor dem Hotel auf den Shuttle Bus warten. Wir brauchten ihn dieses Mal nicht, da wir ja noch den Mietwagen hatten, den wir dann am Flughafen abgeben würden.
Am Flughafen selbst staunten wir nicht schlecht. Menschenmassen ohne Ende. Und alle wollten nach Deutschland. Okay, es gab auch eine kleine Schlange am Ryan Air Schalter, doch die war zu vernachlässigen (Briten hatten schon länger die Reisewarnung).
Last Minute Torschlusspanik-Souvenirkauf...
Ja, und dann hieß es Abschied nehmen.
Im Flugzeug mussten wir Formulare ausfüllen, die den Behörden weitergegeben wurden, damit diese wissen, wir kommen aus einem Risikogebiet. Aussteigekarte nennt sich das. Erklärt wurde nix dazu, wirklich darauf geachtet, ob jeder seine zurückgibt, wurde auch nicht...
Am Flughafen in Frankfurt begann dann das wahre Abenteuer. Fotos gibt es keine, es war viel zu stressig und ich glaube, verboten wäre es auch gewesen.
Schon vor der Abreise hatten wir gesehen, wo das Covid-Testcenter ist. Also spurteten wir direkt nach der Landung los. Überall bildeten sich Schlangen an Schaltern für die Test-Registrierung. Wir wollten aber zum DRK, nicht zu der "Firma", die die Tests auch anbot.
Am DRK angekommen, stellten sich die anderen 3 schonmal an, während ich nach vorne lief um mich zu erkundigen, wie das jetzt läuft. Dabei erfuhr ich, dass es immer "die Firma" ist, die Tests durchführt. Auch beim DRK. Hier wäre es aber kostenlos, weil man dann 24 Stunden aufs Ergebnis warten muss. Das war ok, so hatten wir das ja einkalkuliert.
Leider funktionierte die Registrierung mit der App nicht, sodass wir von Schlange A in Schlange B wechseln mussten.
Was lange dauerte, mache ich jetzt kurz: Wir Risiko-Gebiet-Rückkehrer aus aller Welt füllten eine komplette Halle und standen Bauch an Bauch, dicht gedrängt ewig lang mit anderen rum. Wenn wir bisher kein Virus hatten, dann standen die Chancen jetzt ja ziemlich gut - grmpfl!
Irgendwann waren auch wir dran - Mund auf, Stäbchen rein - fertig. Jetzt bitte nach Hause in Quarantäne.
Okay. Nun fuhren wir mit dem Zug. Wir haben doppelt Abstand gehalten von allen Menschen und es war zum Glück leer.
In Heilbronn erwartete uns im geparkten Auto ein riesengroßes, tolles Quarantäne-Care-Paket von meiner Mutter.
Nun noch eine 20-minütige Autofahrt...
... und wir waren wieder Zuhause.
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Was danach geschah:
Wir hatten in unseren Betten herrlich geschlafen! So toll der Urlaub war, diese Foltermatratzen werden wir nicht vermissen.
Aus den mütterlichen Einkäufen konnten wir uns leckeres Essen zaubern...
... und schon bald hatten wir die Testergebnisse im Posteingang.
Somit durften wir wieder raus und unsere Familie komplettieren:
ABER - ich war echt fassungslos, wie extrem schlecht das Corona-Management abgelaufen war.
Wie gesagt, die Aussteigekarten wurden recht unkontrolliert wieder eingesammelt.
Am Flughafen interessierte es keinen Menschen, wer woher kam, wohin ging und Abstandsregeln im Covid-Test-Center gab es nicht.
Ob wir in Quarantäne gingen oder nicht, juckte niemanden.
Nun saßen wir da und wussten gar nicht, ob wir noch irgendwas tun sollten oder das normale Leben weitergehen durfte.
Also schrieb ich ans Heilbronner Gesundheitsamt (wir wohnen im Landkreis), dass wir zurück sind, negativ und die Testergebnisse hängte ich mit ran. Sicher ist sicher, nicht, dass wir irgendeine Meldung versäumten.
2 Tage (!) später, kam die Antwort, dass sie nicht die richtigen Ansprechpartner seien. Wir sollen uns ans Bürgeramt unseres Wohnortes wenden.
Okay - also sendete ich alles nochmals los - an unser Bürgeramt.
Dann saß ich im Wartezimmer des Kieferorthopäden, Mika war im Behandlungsraum. Ich hörte, wie eine Frau an der Rezeption erzählte, dass sie Risikogebietrückkehrerin sei, jedoch jetzt die schriftliche Erlaubnis vorlegen kann, sich wieder frei zu bewegen, weil sie negativ getestet worden war.
Oh Gottogott! Sowas hatte ich nicht! Braucht man das? Ich schrieb meinem Mann eine WhatsApp, dass er bitte sofort beim Bürgeramt anrufen und nachfragen soll. Fühlte mich wie eine Verbrecherin und war extremst verunsichert. Hätten wir unsere Quarantäne doch nicht eigenständig beenden dürfen?
Er erreichte jemanden. Diese Person war sehr freundlich, aber komplett überfragt. Die zuständige Sachbearbeiterin habe gerade frei (na, die wird doch nicht im Urlaub sein... ;-)) aber sie glaube, es sei schon alles okay. Wir sollten doch einfach die Testergebnisse durchmailen.
Äh?! Ja. Hab ich doch! Offensichtlich hat das im Bürgeramt einfach keinen interessiert... Also gut - Testergebnisse nochmals hingemailt.
Am Nachmittag rief das Amt nochmals an. Kollege A hat Kollege B gefragt, und sie möchten uns loben, wir hätten uns vorbildlich verhalten und alles richtig gemacht.
Achtung: Jetzt kommts: weitere 1,5 Wochen später (!!!) klingelt das Telefon. Eine (nun andere) Dame des Bürgeramts. Sie habe heute (!) die Aussteigekarte von der Airline erhalten. Ob wir denn mittlerweile auf Corona getestet worden wären?
Wir hätten echt 2 Wochen mit Corona durch Deutschland hüpfen und Menschen umarmen können, ohne dass das jemanden interessiert hätte! Soviel zum Thema... Nää, unglaublich. Und Ba-Wü lag ja zeitlich echt ganz hinten mit den Sommerferien. Da hätte man ja schon ein wenig Zeit gehabt, Erfahrungen mit Urlaubern zu sammeln.
Als die überaus nette Frau, die ja nix dafür kann, dann aber fragte, ob ich die Testergebnisse mailen könnte, musste ich echt laut lachen...
Ich glaube, ein simpler Info-Zettel, für jeden, der in einem Flugzeug von einem Risikogebiet nach Deutschland reist, mit einer einfach Checkliste, was man nun in welcher Reihenfolge macht und meldet, wäre des Rätsels Lösung.
So - jetzt ist er doch noch fertig geworden, mein Reisebericht aus 2020.
Wir sind gesund hin und gesund zurück. Vor Ort haben wir uns sicherer gefühlt, als im (zu dem Zeitpunkt noch) fallschwachen Deutschland.
Kein Thema polarisiert zur Zeit so sehr, wie dieses Virus. Darum haben wir uns in den sozialen Medien auch stark zurück gehalten, vom Urlaub zu erzählen und auch die Kinder gebrieft, was sie wem in welcher Form sagen. Denn die Stimmung diesbezüglich ist nicht immer friedlich, auch jetzt (Oktober) gibt's corona-bedingtes Mobbing an Janas Schule.