Mittwoch, 30. Dezember 2020

Goodbye 2020


Überall begegnen mit überaus negative Überschriften, wenn ich Jahresrückblicke für 2020 sehe. Möge das nächste Jahr besser werden, 2020 hätte nie stattfinden sollen, usw usf.


Ich kann es den Menschen kaum verübeln, denn in unserer aller Lebzeiten gab es eine solche Herausforderung wohl nie. Mein Mitgefühl gilt allen, die Angehörige oder Freunde verloren haben, ihre Jobs oder gar die Existenzgrundlage. Auch denen, die durch die Pandemie keine Möglichkeit hatten, ihre Lieben zu sehen, zu treffen oder beieinander zu sein.


Für mich ganz persönlich gesprochen jedoch, wäre es den vergangenen 365 Tagen gegenüber nicht fair, sie ausschließlich zu verteufeln. Und da dies hier mein Blog über mein Leben ist, wage ich es, auch gute Worte über 2020 zu verlieren.


Zuallererst: Wir leben. Alle! Und das ist keine Selbstverständlichkeit. Auch Oma! Ja, ich musste heulen, als ich an ihrem 90. Geburtstag nicht zu ihr durfte. Aber hey - SIE WURDE 90! Und auch sonst ist kein Mensch in meinem Umfeld an Corona erkrankt oder verstorben. Oma selbst war im Krankenhaus und es war echt kritisch um sie gestanden (wegen anderer Probleme), doch ich „habe“ sie noch.


Weiterhin: Wir haben noch unsere Jobs. Alle! Mehr noch als das: Mein Mann wurde gleich zu Beginn des Jahres befördert. Eine große Herausforderung, als frischgebackener Abteilungsleiter, erstmals in Führungsposition das Schiff durch die Wellen von Kurzarbeit und Umsatzeinbrüchen zu schippern. Doch er hat das super hinbekommen. Auch ich habe meine Stelle behalten, eine wahnsinnig tolle Kollegin bekommen und trotz Kurzarbeit keine existenziellen Ängste haben müssen. Die meisten meiner Seminare wurden abgesagt, doch nicht alle. 


Die Kinder sind dieses Jahr zu „neuen Menschen“ geworden. Sie befanden sich quasi komplett im Umbau und es fühlt sich an, wie wenn jetzt vier Erwachsene in diesem Haus leben. Beide erfüllen mich mit Stolz und bei aller Wehmut, dass die kindliche Zeit vorbei ist, empfinde ich die neugewonnene Augenhöhe als Bereicherung.


Schulisch läuft alles - soweit man das umständehalber sagen kann - ganz gut. 


Wir waren wahnsinnig viel spazieren/wandern und haben viele schöne Ecken um uns herum entdeckt.


Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich eine Pilzwanderung mitgemacht und so fette Beute ersammelt, dass wir noch Weihnachten davon zehren konnten. 


Reisen konnten wir nicht so viel und so weit, wie wir das sonst tun, doch immer noch wesentlich mehr, als wir dachten oder es anderen möglich war. So starteten wir noch vor der Krise mit unserem Kurzurlaub in Frankreich, besuchten später noch den Schwarzwald, Nürnberg, Ulm, Heidelberg, Frankfurt und die tolle Insel Lanzarote. Auch hier sind wir dankbar, keine monetären Verluste gehabt zu haben.


Zum Ende des Jahres komplettierten wir unsere Familie mit Cooper. Ein lange gehegter Traum, eine lange bejammerte Lücke - sie wurde jetzt geschlossen. 


Soweit so rosarot. 


In meinem privaten, persönlichen Mikrokosmos empfand ich dieses Jahr als Jahr des Aussortierens, des Überdenkens von Prioritäten und dem Abwerfen von Altlasten. Eine Freundin und zwei Kolleginnen trennten sich von ihren Partnern, die Freundin zog nun letzte Woche direkt ans andere Ende Deutschlands. 


Ich trennte mich von 12 kg Körpergewicht und befinde mich inmitten eines innerlichen Umkrempelns. Midlife-Crisis? Depressive Episode? Nein, das klingt zu negativ. Bildlich würde ich sagen, dass ich in luftleerem Vakuum schwebe und langsam aber sicher Ziele und Projekte brauche. Sinnfindung… Die Frage, was bleibt und bleiben darf, wenn plötzlich alles weg ist, was wichtig war. Schwierig, so etwas ins Internet zu stellen und doch wesentlich für 2020 und darum wichtig für meinen persönlichen Jahresrückblick.


Dieses Jahr war eines, in dem es schon als Gewinn zählt, nichts verloren zu haben. Und so sehr das Hirn das versteht, so fühlt es sich dennoch an wie damals - wenn man das Essen nicht mochte und doch aber dankbar dafür sein sollte, da andere Kinder hungern müssen.


2020 war ein Jahr, das einerseits wie im Flug verging, andererseits zäh wie Kaugummi von Nachrichten, Zahlen und Luftnot geprägt nie enden wollte. Für mich zumindest.


Schaun wir mal, was 2021 so bringt. 


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