Sonntag, 2. Oktober 2016

Summer in the City - Tag 9


Tag 9 - 31.08.: It’s the eye of the tiger - Jailhouse Rock - mein rebellischer Mann 

Wachbleiben? Hahaha, guter Witz. Diesen Plan verwarfen wir ganz schnell wieder. Und das war auch vernünftig - wir hätten sonst den Philadelphia Tag gar nicht überlebt.

Der Wecker klingelte und es war wirklich schwer aus dem Bett zu kommen. Die Kinder mussten wir sogar extra wecken - wo sie doch sonst bei jedem noch so kleinen Geräusch aufrecht in den Betten sitzen.

Vor dem Matratzenfrühstück wurde ich noch toll beschenkt. Karten, zwei (gewünschte ;-) ) Fitness-DVDs und einen Fettnäpfchenführer USA nenne ich jetzt mein Eigen. Jana hatte noch eine digitale Liebeserklärung auf ihrem Ipod für mich erstellt. Hab ich schonmal erwähnt, dass ich die beste Familie der Welt habe?


Wir zogen unser Morgenprogramm durch und mussten schon bald zügig zum Port Authority speedwalken. Der Beginn einer ganztägigen Fußbelastungsprobe. ;-)

Am Busbahnhof angekommen nahmen wir uns noch die Zeit‚ einen Kaffee bei Starbucks zu besorgen, schauten auf den Anzeigetafeln nach und hechteten zum dort angegebenen Gate 66. Huch? Die Abfahrt stand kurz bevor, doch keiner war da? Nur ein Bus? Am Nachbargate drängten sich viele Menschen. Ich fragte nach - doch die wollten alle woanders hin, nicht nach Philadelphia. Komisch. An seinem Starbucks-Strohhalm schlürfend, wollte mein Mann der Sache auf den Grund gehen. Er ging durch die automatische Schiebetüre hinaus und begutachtete den Greyhoundbus. Das Entsetzen in den Gesichtern der Menschen um uns rum war grenzenlos. Die Tür schloss sich hinter ihm und vor uns tauchte damit ein großes Schild auf, auf dem stand, das es strengstens verboten ist, ohne Fahrer den Boardingbereich zu betreten. Meine bessere Hälfte jedoch stand seelenruhig, Kaffee schlürfend hinter dieser magischen Tabu-Grenze und (wie ich später erfuhr) überlegte sogar noch, seinen Selfie-Stick auszupacken um Fotos von sich vor dem Greyhound Bus zu machen. Diese Situation sorgt bis heute (Tag danach) noch für Lachkrämpfe. Wir sind froh, dass weder das FBI noch irgendein Terror-Abwehrkommando auftauchten. 

Zurück in legalen Gefilden suchten wir nun nach Hilfe. Wir fanden sie in Form eines Security-Mannes (zum Glück hatte der vom Göttergatten-Thrill nix mitbekommen), der uns an Gate 62 schickte. Uff - ja - da waren Menschen und ein Fahrer der uns nach Philly bringen wollte.

Die Fahrt selbst war sehr unspektakulär. Autobahn halt. 



In Philadelphia angekommen starteten wir in Richtung Kunstmuseum. Zufällig entdeckten wir dabei den Reading Terminal Market. Der gefiel mir gut - eine große Markthalle mit vielen Ständen (und sauberen Klos - hehe).



Auf dem Weg zur Rocky-Treppe und Statue sahen wir nun zum ersten Mal ein bisschen was von der Stadt. Und - es gefiel uns nicht. Ich habe noch nie so viele Obdachlose und arme Menschen auf einem Flecken gesehen. Es war der Wahnsinn. Auf den Gehwegen, vor Kirchen, im Gebüsch, auf, unter, hinter Parkbänken. Unglaublich. Das sind doch alles Menschen! Und die lagen da rum, wie liegen gelassene Abfälle. Je weiter wir in den historischen Stadtbereich kamen, desto sauberer und „hübscher“ wurde die Umgebung. Doch da war alles nur Fassade. Auch hier sah man überall Spuren von nächtlichen, menschlichen Bewohnern.

Am Museum wurde gerade alles vorbereitet für ein großes Festival, das bald stattfinden soll mit Rihanna und Coldplay. Wir besuchten also Rocky mitsamt seiner Treppe und seinen Fußspuren, schossen Fotos und wollten dann Essen gehen. 












Leider fanden wir in dieser Gegend nix sodass wir die ganze Strecke wieder zurück liefen. Vorbei an resignierten, bewusstlosen, armen Menschen, vorbei an Baustellen und entstehendem Festivalgelände. Es war heiß, laut und überhaupt im Unterzucker arg anstrengend. Da ein riesiges Plakat von Disney Pixar vor dem Science Museum hing, gingen wir hinein um mal zu schauen, was es da gibt. Zur Enttäuschung der Kinder wollten wir aber nicht spontan die Tagespläne umwerfen und 70 Dollar löhnen um dann in englisch die Entstehung eines Kinderfilmes erklärt zu bekommen. 

Die Füße begannen zu brennen und wir beschlossen, hoch erhobenen Hauptes in ein Luxushotel zu marschieren und dessen Lobby-Wifi zu nutzen um ein Restaurant zu finden. Leider war keines unserer Wunschlokale in der Nähe. Doch mit Entsetzen mussten wir feststellen, dass unser nächster Programmpunkt - das Eastern State Penitentiary - in der Gegend lag, aus der wir gerade kamen.

Also stiefelten - bzw. sandalten und turnschuhten wir wieder die gleiche Strecke zurück - das 3. Mal an diesem noch jungen Tag. Uff. 

Nach einigem Hin und Her aßen wir in einem Laden (?), wo man sich frisches Fertigessen selbst warm machen kann. Joa - bissel überteuert und klein portioniert, aber immerhin kein Vakuum mehr im Bauch.





Nun war es auch nicht mehr weit zum ESP - einem ehemaligen Gefängnis, das auch Al Capone ein Zeit lang sein Zuhause nannte.

Dass ich mich hier jetzt kurz fasse sagt nix aus - denn ich war begeistert und fand es toll. Wider Erwarten war das Gefühl hinter diesen Mauern überhaupt nicht beklemmend  - im Gegenteil. Es erschien schon fast klösterlich, ruhig und von schauriger Ästhetik. Am besten wird's sein, ich lasse Bilder sprechen:













Nach der Audiotour und dem eigenständigen Umschauen ging es wieder zurück. Wir kauften uns in einem Wholefoods Store noch Cupcakes (uaaärgh - Zucker in Form gebracht) und visierten das Hard Rock Cafe an. Dort deckten wir uns mit Souvenirs ein. 






Zeit hatten wir nun noch - Kräfte eher weniger. Doch wenn wir schonmal in dieser wichtigen Stadt sind, dann schauen wir uns auch die Liberty Bell an. Autsch. An dieser Stelle muss ich auch die Kinder noch einmal ganz stark loben. Sie waren die ganze Zeit superlieb und tapfer. Ich glaube, ich selbst jammerte mehr…

Die Glocke selbst erschien eher unspektakulär, doch es war schon ein wenig peinlich, wie meine Familie mit dem Selfiestick vor diesem Stück amerikanischer Geschichte herum posierte. 



Der Abstecher in einen Ross auf dem Rückweg zum Busbahnhof war nicht erwähnenswert und eher lieblos. Aber man weiß ja nie, was man verpassen könnte… 

Da wir noch immer ein wenig Zeit übrig hatten und noch immer kein Philadelphia-Schild unser eigen nannten, liefen wir in eine Seitenstraße von China Town. Doch außer einem Mitbringseltee für meine Mutter fanden wir dort nix.





Nun war er wirklich rum, unser Phillytag. Und ich war froh, endlich in den Bus sitzen zu dürfen. Alle schliefen ein, die einen mehr, die anderen weniger, während wir im rollenden Eisfach aus Pennsylvania über New Jersey nach New York zurück reisten. 

Im Hotelzimmer ließen wir meinen 25. Geburtstag (höhö) bei einer Flasche Wein ausklingen. 

Bewegte Bilder aus Philly:



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