Freitag, 5. Mai 2017

Die Greencard Lottery


 
Die einen vergöttern die USA, die anderen lehnen sie ab und schütteln den Kopf. Gerade heutzutage, bei all den politischen Veränderungen polarisieren die Vereinigten Staaten wieder enorm.

Wir sind keine naiven Menschen, mein Mann und ich. Wir sind uns dessen voll bewusst, dass dort nicht alles Gold ist, was glänzt. Wir verfolgen auch die Handlungen der dortigen Regierung, recherchieren das Sozial- und Gesundheitswesen, interessieren uns für die Bildungsmöglichkeiten der Kinder und wissen, dass so einiges viel schwieriger „drüben“ ist, als im abgesicherten Heimatland Deutschland.

Auch, wenn wir zugegebenermaßen regelmäßig die Auswanderer im Fernsehen anschauen, glauben wir keinesfalls daran, dass wir mit 2000 Euro und „Wurstbuden-Plänen“ in den USA Millionen machen.

Und dennoch ist er da: Der große Traum vom Auswandern. Womöglich sprechen unheimlich viele Fakten eher dagegen, doch – egal, wie schwer das nachvollziehbar sein mag – das Bauchgefühl, die Sehnsucht und das Gefühl am falschen Ort zu sein ist riesengroß.

Nun ist es leider so, dass das alles nicht so einfach ist. Die verschiedenen Visum-Arten sind durchaus kompliziert und kostspielig, bishin zu unmöglich (für uns). Keiner von uns ist mit einem Amerikaner verheiratet, wir haben weder Unsummen an Geld, die wir für ein Investorenvisum vorweisen können, noch möchten wir eine eigene Firma gründen. Auch die Versuche über den aktuellen Arbeitgeber „rüber“ zu kommen sind gescheitert.

Wir haben also an der Greencard Lottery teilgenommen. Um es kurz zusammenzufassen. Die Teilnahmevoraussetzungen sind relativ leicht erfüllbar und die Chancen (im Vergleich zum Lotto ;-)) gar nicht mal so schlecht. „Gewinnt“ man nun, heißt das jedoch nicht automatisch, dass man auch gleich die heiß ersehnte Aufenthalts- und Beschäftigungserlaubnis hat. Es folgt ein Beantragungsprozedere mit ärztlicher Untersuchung, Gespräch im Konsulat, … Über Google kann man hier recht schnell den genauen Ablauf erfahren…

Die Ziehung erfolgte nun am 1. Mai.

Am 2. Mai in der Früh, auf dem Weg zur Arbeit, las ich, dass es schon die Ergebnisse geben soll. Ich war ganz baff – ich hatte immer angenommen, dass dies erst Mitte des Monats der Fall sein würde. Die Strecke zur Arbeit an den PC erschien nun unerträglich lange. Dort raste ich förmlich an den Computer um dann zu lesen, dass (eigentlich klar) erst ab 12 Uhr mittags amerikanischer Zeit prüfbar werden würde, ob man gezogen wurde. Hilfe – das bedeutete nun warten und hibbeln bis 18 Uhr unserer Zeit.

Irgendwie schräg – nun hieß es nur noch Stunden zu warten, statt, wie vorher angenommen, Wochen und doch verging die Zeit nur unendlich langsam.

Um 18 Uhr starteten wir zuhause das Laptop uuuuuund: Nix ging. Die Internetseite war komplett überlastet. Durfte das wirklich wahr sein? In facebook verfolgte ich mit, wie auch andere Hoffnungsträger immer und immer wieder versuchten sich einzuloggen. Bis 22:30 Uhr tat ich nichts anderes, als nonstop die Aktualisierungstastenkombination zu drücken. Erfolglos.

Die Nacht war unruhig, um fünf krabbelten wir gleich wieder aus dem Bett. Und endlich konnten wir unsere Zahlen eintragen um zu schauen, ob es geklappt hatte. Zuerst die meines Mannes: nope. Dann meine: Auch nicht.

Auch, wenn ich mich wiederhole: Wir sind keine naiven Menschen. Und es war klar, dass das hier eine reine Glückssache ist.

Und dennoch: heute, am 05.05. sitz ich noch immer da und fühle mich „geschockt“. Seit dem letzten Sommer, als wir an der Lottery teilgenommen hatten, war das ganze Leben im Kopf nur noch „optional“. Wir machen dies und das FALLS wir auswandern, und für dies und das warten wir erst mal ab, ob wir die Greencard gewinnen, … In Gedanken, in den Träumen – überall war alles auf die große Frage ausgerichtet: Und WENN es doch klappt, dann…

Ich lese schon mehrere Jahre in verschiedenen Auswandererblogs mit und schaue mir auch entsprechende Vlogs total gerne an. Sogar Mika liest einen (Hedda in North Carolina) und träumt vom Auswandern.

Ja, und nun hat es eben nicht geklappt. Mein Mann meint tröstend, dass wir es in der neuen Runde noch einmal versuchen sollen. Aber ganz ehrlich: Jetzt und heute bin ich mir nicht sicher, ob ich das will. Ich bin nicht der Typ Mensch, der das einfach im Hintergrund laufen lässt und hier sein Leben weiterlebt. Wie soll ich frohen Mutes unser Geld in Hausrenovierungen und Neuanschaffungen stecken, wenn ich dann ständig im Hinterkopf habe, dass wir die finanziellen Mittel „vielleicht“ dann für die Auswanderung eher brauchen könnten.

Hach – ich weiß, dass viele Menschen diesen Traum haben und viele Menschen schon seit vielen Jahren an dieser Lottery teilnehmen. Und gleich beim ersten Versuch zu gewinnen wäre auch arg vermessen.

Doch Hand aufs Herz: Die Hoffnung war groß und ich bin jetzt erst mal abgrundtief traurig, dass es nicht geklappt hat. Mein Hirn weiß, dass dies auch in vielerlei Hinsicht erst mal gut so ist, doch das ändert natürlich nichts am Gefühl.

Jetzt heißt es erst mal „Aufstehen, Krönchen richten und weitermachen.“ Nur in welche Richtung es jetzt weitergehen soll, muss ich erst mal rausfinden.

Schnief.

 

 

 

6 Kommentare:

  1. Hello pj,
    durch Zufall bin ich auf die Seite geraten und ich möchte Euch ermutigen, weiter an der Green Card Verlosung teil zu nehmen.
    Mein Mann und ich haben vor 20 Jahren mit einem Visum in Florida gelebt. Aus familiären Gründen haben wir dann unser Haus und Geschäft verkauft und sind wieder nach D. Das war der größte Fehler unseres Lebens. Schon sehr schnell haben wir uns ins nächste Abenteuer gestürzt und leben nun schon seit mehr als 9 Jahren in Merida, Yucatan, Mexico.
    Wenn Ihr Euren Traum leben wollt, versucht doch in Canada einen Job zu bekommen. Dieser Weg ist auf jeden Fall einfacher und wer weiß,
    irgendwann habt Ihr dann auch die Green Card für die USA gewonnen.
    Schaut mal hier rein, die Familie Haefliger ist auch diesen Weg gegangen: www.haefliger-family.ch
    Saludos
    Gil
    www.gilinmexico.com

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Gil!
      Vielen Dank für deinen Kommentar. Den Haefliger-Blog kenne und verfolge ich. Ich finde es total schade, dass Anja nicht mehr zum Schreiben kommen.

      Wie lange habt ihr in Florida gelebt? Ich kann mir nur ansatzweise vorstellen, wie schwierig es ist, danach wieder nach good old Germany zu kommen - mir reichen 2,5 Wochen Florida-Urlaub um mit Anpassungsschwierigkeiten hier in (Süd)Deutschland zu kämpfen. Kanada finden wir auch sehr reizvoll. Und ja - wir befassen uns da auch mit den Einwanderungsvoraussetzungen. ;-) Es ist halt ein ewiger Spagat zwischen dem Versuch, die Kinder hier zu verwurzeln (weiterführende Schulen usw.) und gleichzeitig das Fernweh zu stillen.

      Bist du mit Kindern ausgewandert? Jetzt muss ich doch gleich mal auf deinem Blog schmökern gehn....
      Herzlichst
      PJ

      Löschen
    2. Ja, unsere Tochter war elf Jahre, gerade auf dem Gymnasium.
      Wenn die Kinder es auch möchten, ist es überhaupt kein Problem. Sie finden in Canada oder USA schneller Kontakt, als wenn man in D in eine andere Stadt zieht.
      Wir waren über 10 Jahre in Fort Myers und nach diesen Jahren war es für uns unmöglich, in D wieder Fuß zu fassen.
      Seit über 9 Jahren leben wir ja nun hier in Mexico und D ist für uns kein Thema mehr. Wir leben in Nord Amerika und für uns ist es ein Katzensprung nach Florida.
      Ich wünsche Euch viel Glück und wenn Du Fragen hast, schreib mir einfach eine Email: gilschulte@mail.com
      Grüße aus dem sonnigen Yucatan
      Gil

      Löschen
  2. Zuerst danke, dass ihr (und Mika) gerne in unserem USA-Blog lest ;-).

    Oh, wie sehr ich deine Gefühle bezüglich Greencard usw. verstehen kann ;-). Einfach, wie du sagst, Kroenchen richten und weitermachen.

    Wir waren große USA Fans, seit wir vor ca. 23 Jahren das erste Mal in den USA Urlaub gemacht haben. Der Wunsch, dorthin zu ziehen, wuchs von Jahr zu Jahr immer mehr in uns. Aber trotzdem brauchten wir eine gewisse Portion Mut, um es dann letztendlich doch durchzuziehen, lach. Wir haben auch einige Male an der Greencard Lottery teilgenommen. Letztendlich hat es dann irgendwann mit dem E-Visum über den Arbeitgeber geklappt. Mein Mann und ich arbeiteten damals in D bei dem gleichen Arbeitgeber, aber wir kamen dann mit dem Job meines Mannes. Mein Mann kam als Quality Manager und wurde dann befördert (als der Posten frei wurde) zum Production Manager, d.h. Leiter der Produktion. Für ihn war die Auswanderung, beruflich gesehen, auch ein Riesenerfolg.

    Mein Mann arbeitete schon seit 1991 bei diesem Arbeitgeber in D und trotzdem gab es dann erst im Jahr 2011 diese Möglichkeit über den Arbeitgeber. Also nie Hoffnung aufgeben, man findet dann irgendwann einen Weg. Wir waren beide 40, als wir in die USA zogen - nicht mehr ganz taufrisch, haha! Canada stand bei uns auch auf dem Radar, hatten damals so eine kanadische Jobmesse in D besucht. Die kalten Winter von Canada hielten uns nur ein bisschen zurück. Wir wohnen nun hier in NC und kennen hier keine kalten Winter ;-). Ach ja, und seit einem Jahr haben wir die Greencard über den Arbeitgeber bekommen.

    VG aus North Carolina

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Hedda!

      Mensch, wir haben uns über deinen Kommentar gefreut. :-) Ja, wir lesen deinen Blog unheimlich gerne, da er sich so sympathisch liest und wir uns damit so gut identifizieren können (zwei Kinder, Junge und Mädel, North Carolina - was für uns immer ein Favorit war, da dort zwei Niederlassungen des Arbeitgebers meines Mannes wären).

      Wir bleiben wohl dran, es ist einfach ein großer Traum. Du hast sicher recht - es gehört eine riesige Portion Mut dazu, gerade wenn man auch die Kinder entwurzelt. Ich frage mich oft, welches der beste Zeitpunkt ist, denn einen perfekten gibt es wohl nicht. Da aber eine Auswanderung in die USA gar nicht in unseren Händen liegt, solange nur die Greencard Lottery der Weg ist, brauch ich eigentlich auch nicht mehr so sehr darüber nachgrübeln.

      Aber ich freue mich immer sehr, wenn ich so schöne Erfolgsstories wie eure sehe.

      Liebe Grüße nach North Carolina!
      PJ

      Löschen
    2. Es ist wirklich so, dass die Kinder sich bei einer Auswanderung am einfachsten zurechtfinden. Man macht sich als Eltern so viele Gedanken vorher darüber, aber sie passen sich am schnellsten an. Wann ist der richtige Zeitpunkt für Kinder? Kann ich nicht sagen... Unsere Kinder sagen im Nachhinein, dass es für sie einfach war, in die USA zu gehen, denn wir Eltern hätten zu Hause schon seit Jahren immer wieder darüber gesprochen, dass wir das gerne machen wollen, aber nicht wissen, wann es soweit sein wird. Sie meinen, dass sie dadurch darauf "vorbereitet" waren.

      Löschen